Das virtuelle Atelier von Tanja Soler Zang

 

Symposion

Du bist perfekt!

Symposion

Nein!

Symposion

Nein!

Symposion

Das sind Binsenweisheiten!

Symposion

BIS BALD

Symposion

Wie soll ich sagen?

Symposion

Wo ist meine Sicherheit?

 

Die Arbeit Symposion ist eine Gemeinschaftsarbeit von Katrin Ahnsoge und Tanja Soler Zang. Im Rahmen der Rudi-Baerwind-Auszeichnung nahmen wir uns des Themas "Symposion" an. Zu sehen war die Arbeit im Mannheimer Kunstverein.

Intention zum Thema Symposion

Um unsere Arbeit vorzustellen, möchten wir kurz das antike Vorbild des Symposions umreißen: Das antike Symposion war ein rhetorischer Wettkampf und eine Inszenierung des Austauschs von Argumenten. Schon vor Beginn waren das Thema und die Meinungen der Teilnehmer bekannt. Die Akteure brillierten durch ausgefeilte Rhetorik, die mit kulinarischer und musikalischer Unterhaltung untermalt wurde.

Das Symposion auf unsere heutige Zeit transformiert ist eine Form des Dialogs über gesellschaftliche Themen, die im besonderen Maße von gruppendynamischen Prozessen geprägt sind. Obwohl die rhetorischen Fähigkeiten im Mittelpunkt stehen, werden doch die Akteure in ihrer ganzen Persönlichkeit wahrgenommen, in ihrem körperlichen Ausdruck, in ihrem Tonfall der Stimme. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das soziale und lokale Umfeld, in welchem die Kommunikation stattfindet, denn je nach Alltagssituation werden ganz unterschiedliche Dialoge geführt.

Martin Buber unterscheidet dreierlei Arten von Dialog:

  • den echten Dialog, in dem gleichviel geredet oder geschwiegen wird, wo jeder den anderen ernst nimmt, so dass eine lebendige Gegenseitigkeit entsteht
  • den technischen Dialog, der einer Notdurft gleicht, welcher der sachlichen Verständigung dient
  • der dialogisch verkleidete Monolog, bei dem mehrere Menschen auf wunderlich verschlungenen Umwegen mit sich selbst reden, dennoch sich mit dem aufeinander Angewiesensein dünken

Was ergeben sich für Fragestellungen in Bezug auf unsere Installation?

Unsere Arbeit stellt den Dialog visuell und akustisch dar, indem sie eine Szenerie aufbaut, welche die Widersprüchlichkeiten von Kommunikation sichtbar macht.

Gleich dem antiken Vorbild spielt unsere Installation mit Versatzstücken unterschiedlicher Dialog-Arten.

Der Aufbau der Installation zum Thema Symposion

Ein Tisch und sechs Stühle stehen im abgedunkelten Raum. Die Gruppe ist aus engmaschigem Draht gefertigt, fragil, luftig und seiner Verwendung beraubt. Anstelle des realen Sitzens tritt die Idee des Sitzen Könnens. Sprachfetzen, Redewendungen und Floskeln wie: "Mit mir nicht!", "Ich habe mich noch nicht eingelesen", "Du bist perfekt!", "Bis bald", "Wo ist meine Sicherheit?", "Wie soll ich sagen?", "Das sind Binsenweisheiten", werden nacheinander auf das Ensemble projiziert. Im Hintergrund Kneipengeräusch.

Die verschiedenen Reflexionsbereiche, welche die Installation visuell und akustisch darstellt

Der Sprachgebrauch der Dialogpartner

Die Sprache formt Gedanken, verleiht ihnen Ausdruck. Diese Gedanken hängen nicht vom Gebrauch der Grammatik ab, sondern von dem vernünftigen oder intelligenten Denken. Aber gerade in diesem Gebrauch, Gedanken zu formulieren, gelangt die Sprachfähigkeit an ihre Grenzen. Sprache als erlernter Code kann von dem Einzelnen nicht verändert oder verlassen werden, falls eine Kommunikation scheitert.

"Die Grenze meiner Sprache ist die Grenze meiner Welt." Wittgenstein

Als Äußerungen der Teilnehmer unseres Symposions wählen wir Worthülsen, Floskeln und Redewendungen. Hiermit sollen diese Grenzen sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten sichtbar werden. Ein Auszug möglicher Begriffe, die auf die Sitzgruppe projiziert werden: "Na klar!", "Hör doch mal zu", "Habe ich doch gleich gesagt", "Ach so", "Wie ich schon sagte", "Nun ja!", "Nein danke!" ...

Die Empfindungen und Gefühle der Dialogpartner

Wenn Denken eine weitgehend sprachliche Funktion ist, finden wir bei C. G. Jung eine Charakterisierung von Denken, in der Empfindungen, Gefühle und Intuition eine wichtige Rolle spielen. Das Gefühl ist überwiegend nicht sprachlich und dennoch wichtiger Bestandteil einer Kommunikation.

Die visuelle Umsetzung der Charaktere in unserem Symposion erfolg über Schriftbilder. Jede einzelne Handschrift mit ihren Eigentümlichkeiten wird in unserer Installation zum Sinnbild für Gefühle und Empfindungen, die zu einer Persönlichkeit gehören.

Der räumliche Kontext des Dialogs

Die gleiche Person wird in verschiedenen Kommunikationssituationen unterschiedliche Dialoge führen, z.B. in der Vereinsgaststätte, bei beruflichen Konferenzen oder in privaten Wohnräumen.

In unserem Symposion sind Hintergrundgeräusche zu hören, wie z.B. Gelächter, Gemurmel und Musik. Ein Auszug der Orte an denen die Aufnahmen gemacht wurden sind: Bahnhofsgaststätte, Speiselokal, Kneipe, Mensa etc.. Ziel ist es, sich in Stimmungen einzuhören und einen akustischen Eindruck von menschlicher Kommunikation in gesellschaftlichen Zusammenkünften zu bekommen. Im 5-Minuten-Rhythmus werden die verschiedenen Geräuschszenen eingespielt.

Die Darstellung der Sitzgruppe

Die Sitzgruppe aus Draht dient als Projektionsfläche der Floskeln. Durch ihre luftige Bauart scheint die Projektion bis zur Wand durch - mit Durchbrechungen des Drahtnetzwerkes. Das geflochtene Netzwerk des Drahtes erinnert an das Kommunikationsnetz, das aus Absender, Sprache und Adressat besteht. Die Durchlässigkeit des Drahtes assoziiert die Verständnisschwierigkeiten in der Kommunikation: "Was geht auf dem Weg vom Absender über die Sprache bis zum Adressat verloren?" Darüber hinaus besitzt der Draht ein Muster, dass in der Kommunikation als Code bezeichnet wird. Dies ist das enge Raster, dessen sich der Absender und der Adressat bedienen, um sich zu verständigen.

Tanja Soler Zang  ·  art at solza.de